Geschafft! Die längste Seestrecke für die SAILOR MOON bisher (2100 Seemeilen, länger als die Atlantiküberquerung) liegt hinter uns! Im Großen und Ganzen war es ein angenehmer Trip, auch wenn jeder von uns mindestens einmal einen kleinen Durchhänger hatte und das Boot, den Wind, die Nässe, die Schaukelei oder alles zusammen verflucht hat. Genau 21 Tage und 10 Stunden gebraucht, das ergibt einen Schnitt von fast 100 Seemeilen pro Tag, für unser kleines Boot ein guter Wert, obwohl natürlich die Äquatorialströmung einen Teil dazu beigetragen hat.
Am Samstag, den 30. Jänner 2016, starten wir um 7 Uhr Früh den Motor, bereiten die letzten Leinen vor und aktivieren die Navigationselektronik, bevor wir den Anker aufholen und den Rio Paraiba bis zur Mündung hinuntermotoren. Schnell erreichen wir den Atlantik, und die Dünung lässt die SAILOR MOON gleichmal ordentlich rollen, was vor allem Resa ein wenig zu schaffen macht. Wir setzen die Segel, aktivieren die Windsteueranlage, und wie üblich lassen wir Mittag- und Abendessen am ersten Tag auf See mal ausfallen. Der Wind ist unbeständig, viele Squalls (Regenschauer mit Starkwind) ziehen durch, wir sind also ständig mit Reffen/Ausreffen der Genua beschäftigt – das Großsegel haben wir gleich ins zweite Reff gesetzt, was übrigens bis Grenada so bleiben wird.
Da Resa erstmal außer Gefecht ist, teilen Schmalzi und ich die Nacht in zwei gleich lange Zeitabschnitte: Mit Sonnenuntergang legen sich Resa und Schmalzi in die Kojen, und ich übernehme die erste Wache bis ein Uhr früh. Dann wecke ich Schmalzi, wir stimmen uns kurz über Kurs, Position, etwaige Segelmanöver oder andere Schiffe um uns herum ab, dann lege ich mich in die Achterkabine und Schmalzi bleibt bis Sonnenaufgang wach. Um regelmäßig nach anderen Schiffen Ausschau zu halten, habe ich eine elektronische Eieruhr besorgt, die die Wache um den Hals gehängt bekommt und die im 15-Minuten-Takt vibriert. Wie wir erfahren, bedarf es durchaus einiger Selbstbeherrschung, sich das dumme Ding nicht im Halbschlaf vom Hals zu reißen und über Bord zu werfen, sondern brav aufzustehen und alle Richtungen nach anderen Schiffen abzusuchen.
Die Tage vergehen, wir runden die Nordostspitze Brasiliens und stecken den Kurs Richtung Karibik ab. Nachdem auch der Äquator überquert ist, erwarten wir, auf den beständigen Nordostpassat zu treffen, aber denkste, Regenschauer und Starkwind wechseln sich mit Schwachwindperioden ab. “Ausläufer der ITC”, der Flautenzone rund um den Äquator, wird zum geflügelten Wort an Bord…
Wir nutzen die Regenschauer, um zu duschen, Wäsche zu waschen und Regenwasser aufzufangen, trotzdem wäre uns weniger Regen lieber. Nach ca. 10 Tagen ist es dann auch soweit, der Passatwind weht halbwegs beständig aus Nordost, und wir segeln mit dem neuen Wind Rekordetmale heraus. 100 Meilen, 110 Meilen, 120 Meilen… nie hätten wir gedacht, dass die SAILOR MOON zu solchen Höchstleistungen fähig ist! Einziger Wehrmutstropfen: Die Wellen treffen nun von der Seite auf unser Boot, viele steigen auch ins Cockpit ein und fluten durch den leider noch immer undichten Deckel die Achterkabine (aka Nap-Cave), wo wir tagsüber immer so gut schlafen konnten… Aber es hilft nichts, die Freiwache muss von nun an im Bug rasten, die dort gestapelten Vorräte und sonstigen Dinge werden einfach beiseite geschoben. Resa ist mittlerweile auch wieder fit und übernimmt die Wache ab Sonnenaufgang, so bekommen wir alle zumindest ausreichend Schlaf, um die nächste Wache zu überstehen.
Kulinarisch sind wir bestens versorgt, unser Frischproviant ist perfekt bemessen, fast nichts verdirbt, und nach zwei Wochen ernähren wir uns von Nudeln, Chili und Frühstücksflocken. Außerdem lernen wir, dass zentimeterdicke Palatschinken mit haufenweise Nutella eine Mahlzeit vollkomen ersetzen können, Zeitersparnis beim Kochen inklusive. Dazu noch Pizza aus Trockenhefe, Müsli mit Milchpulver, selbst gebackenes Brot, chinesische Nudeln… Nur bei den Snacks haben wir danebengegriffen, die Cracker con queijo sind wirklich ungenießbar, und fünf Pfirsichdosen sind eindeutig zu wenig für drei Wochen, das hätte nicht passieren dürfen. Trotzdem halten wir irgendwie durch und so kommt nach 21 Tagen auf See wieder Land in Sicht, Grenada! Wir haben es geschafft! Am 20. Februar um 16:00 laufen wir in die rappelvolle Prickly Bay ein und finden gerade noch so einen freien Ankerplatz. Illegalerweise gehen wir noch vor dem Einklarieren an Land und gönnen uns einen Burger in der Marina-Bar. Zurück an Bord schlafen wir erstmal aus, bevor wir die nächsten Tage die Umgebung der Bucht erkunden. Außerdem putzen wir das Boot, waschen massenweise Salz aus den Kojenpölstern und gewöhnen uns langsam an das Flair unserer ersten Karibikinsel. Im Gegensatz zu Brasilien sind Langfahrtseger hier nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel, mit allen Vor- und Nachteilen für Segler und Einheimische. Die Yacht-Infrastruktur ist hier jedenfalls großartig, die Insel scheint landschaftlicht sehr reizvoll zu sein und ist wohl ein idealer Ausgangspunkt für unsere ersten Schritte als Jungfamilie mit Baby auf einem kleinen Segelboot.
Jaqueline und Willi werden am Donnerstag, den 25.02.2016 hier eintreffen, bis dahin wollen wir noch die Hauptstadt, St. George, erkunden, ein paar Dinge am Boot erledigen und natürlich dürfen Resa und Schmalzi nach ihrer bravourösen Leistung als Crew auf der SAILOR MOON ein paar Tage Urlaub genießen. Die SAILOR MOON ist wirklich kein Ausbund an Luxus, manch einer würde sie vielleicht sogar als unbequem bezeichnen, aber die beiden haben sich nie beschwert, auch nicht, nachdem die Achterkabine unbewohnbar geworden war und unter Deck eine nie dagewesene Muffigkeit erreicht wurde, zehn nasse Hunde nichts dagegen. Ein großes Danke auch hier an dieser Stelle! Die beiden werden noch bis Anfang März bei uns bleiben, und wir werden zu fünft Grenada unsicher machen. Der Flughafen ist zum Glück nicht weit von der Bucht entfernt, ich kann fast zu Fuß hingehen, um Jaqueline und Willi abzuholen. Das Wiedersehen mit den beiden kann ich jedenfalls kaum mehr erwarten, die sieben Wochen waren lang, und während der langen Tropennächte auf See hat man viel Zeit, um Frau und Kind zu vermissen. Außerdem sind wir alle schon sehr gespannt, wie sich Willi auf der SAILOR MOON einleben wird und wie wir das Boot an etwaige Baby-spezifischen Bedürfnisse anpassen müssen. Wir sind aber zuversichtlich, dass alles klappen wird und dass die Familie Wess schon bald Richtung Norden aufbrechen können wird!
Hallo Michael,..und Crew,
Ich begleite eure Reise im Internet aus dem schönen Wilhelmshaven( nähe Varrel).Ich werde nächstes Frühjahr zu einer 5 jährigen Weltumsegelung mit meiner Frau zusammen aufbrechen.Wir wollen den gleichen Weg wie Ihr über den Atlantik wählen, mit Ziel Brasilien.Von dort aus wollen wir dann auch in die Karibik segeln.
Wir würden uns freuen von euch noch ein paar details über eure Erfahrungen in Brasilien zu erfahren.Solltet Ihr Navigationsmaterial nicht mehr brauchen dann lasst es uns gerne wissen.
Wir drücken euch 3 weiterhin die Daumen und wünschen Euch viel Glück und Gesundheit
Hallo ihr 3 Abenteurer
Großer Respekt
Tolle Überfahrt
Und auch der Bericht und die Foto eine Freude
Genießt noch Grenada
Freu mich auf ein Wiedersehen
Michael
Gratulieren zur erfolgreichen Langfahrt!
Die Pizza sieht super aus! Können wir das Rezept haben? 😉
Die Resa hat jetzt sicher alle Seemeilen, Nacht- und Überfahrten beinander für den FBx!
naja, ich glaub Nachtansteuerungen waren nicht so viele dabei 😉
Hallo Micha und Crew,
super Törn und Glückwunsch zum Erreichen des nächsten Etappenziels! – Ja, der alte BRÖSEL kann auch “rennen”! Jetzt wird´s dann wohl wärmer und beständiger – guter Einstieg für den Nachwuchssegler und die (Meer-)entwöhnte Mama.
Weiter viel Glück, Spaß dazu und eine ereignisreiche Zeit.
AHOI
Thomas