YEEEEEES, wir habens tatsächlich über den großen Teich geschafft! Sonntag Abend, (15.03.2015, ich bin also schon 29 Jahre alt), machen wir die SAILOR MOON am Steg der Marina Jacare fest. Wir haben uns allerdings schwer getan, viel schwerer als erwartet, und unser eigentliches Ziel, Salvador, aufgeben und ein bisschen abkürzen müssen.
Seglerisch ist die Passage Kap Verden – Brasilien nicht wirklich anspruchsvoll, zuerst segelt man mit dem gleichmäßig wehenden Nordostpassat Richtung Süden, durchquert die Flautenzone um den Äquator und kommt dann in den Bereich des Südostpassats. Außerdem ist diese Strecke die kürzest mögliche Route über den Atlantik überhaupt. Wir treffen auf eigentlich ausgezeichnete Wind-, Wellen- und Wetterbedingungen, der Passat weht gleichmäßig mit zwischen 10 und 20 Knoten, die Wellen sind moderat und die Sonne scheint. Die ersten drei Tage sind wir beide wie immer ein bisschen seekrank und liegen meist nur auf der Cockpitbank oder unter Deck in den Kojen. Jaqueline muss unseren Kübel leider öfter zur Hand nehmen als bisher, die Schiffsbewegungen machen ihr diesmal besonders zu schaffen. Nach drei Tagen bin ich wieder voll einsatzfähig und kann mich um Segelstellung, Kochen und den Abwasch kümmern. Bei Jaqueline allerdings will die Kotzerei einfach nicht aufhören, egal was wir probieren, an einen einzigen Tag während der gesamten Passage wird der Kübel unbenutzt bleiben. Positiv ist, dass wir im Lauf der ersten Woche sehr gute Fahrt machen, mit dem Wind schräg von hinten läuft die SAILOR MOON um die fünf Knoten, und unsere Mitstreiter auf der ROBUSTA, der YEMANJA und der CARIAD sind nur ca. 80 Meilen vor uns. Dann erreichen wir den Bereich um den Äquator, die bei den früheren Seeleuten gefürchtete Kalmenzone mit langen Flautenperioden, manchmal leichten Winden aus unterschiedlichsten Richtungen und unberechenbaren Regenschauern mit plötzlichem Starkwind. Wir setzen einmal sogar unseren Blister, mit dem Resultat, dass sich das Fall im Masttop verklemmt und wir das riesen Segel kaum mehr runterbekommen. Dank den modernen und genauen Wetterprognosen können wir die größten Flautenzonen umfahren, trotzdem müssen wir die oft schlagenden Segel zur Materialschonung manchmal bergen und den Motor starten. Die Temperatur unter Deck wird dadurch natürlich noch unangenehmer, und durch den häufigen Regen und die hohe Luftfeuchtigkeit ist alles nass, trocknet aber nicht wirklich. Die Luft im Schiff erreicht nie dagewesen Grade an Muffigkeit, zehn nasse Hunde sind nichts dagegen. Jaqueline kann dem Ganzen kaum entkommen, und wir lenken uns mit den ersten drei Staffeln von Shameless ab. Nach einer weiteren Woche erreichen wir dann den Südostpassat, innerhalb von Minuten nimmt der Wind auf 15-20 Knoten zu und die SAILOR MOON macht gefühlt einen Sprung nach vorne. Leider nur kurz, denn der Wind fällt südlicher ein als gedacht, und unser kurzes und schweres Boot ist alles andere als ideal für einen Amwindkurs gegen ca. 1-2 Meter hohe Wellen. Immer wieder stampft sie sich fest und wir müssen abfallen, Richtung Küste hin, was wir eigentlich vermeiden wollten. Die anderen drei Boote hängen uns hier mühelos um zig Meilen pro Tag ab, sie sind allesamt um mindestens zwei Meter länger kommen mit der Wind- und Wellenrichtung viel besser zurecht als wir. Nach ca. 18 Tagen auf See zeichnet sich ab, dass wir noch mindestes zehn Tage oder länger bis Salvador brauchen würden, aber das wollen wir uns dann wirklich nicht mehr antun. Jaqueline ist nach wie vor seekrank, kann ihre paar Stunden Wache in der Früh nur mit äußerster Anstrengung und in Reichweite des Kübels absolvieren, und auch ich bin als Quasi-Alleinsegler ziemlich geschlaucht, komme kaum auf mehr als drei bis vier Stunden Schlaf pro Nacht und bin für Reffen, Trimmen, Segelstellung, Kochen, Putzen, Abwaschen etc. ganz alleine verantwortlich. Die SAILOR MOON ist aber nicht wirklich einhand-tauglich ausgerüstet, deshalb entscheiden wir gemeinsam, nicht Salvador, sondern Jacare, eine Marina in einer Flussmündung nördlich von Joao Pessoa, anzulaufen. Schweren Herzens, haben wir uns doch schon sehr darauf gefreut, gemeinsam mit unseren Freunden Thomas, Thomas, Thomas, Anja, Steffi, Georg und Joris die Bucht von Salvador zu erforschen. Als wir aber am Sonntag Abend zum ersten Mal seit 20 Tagen wieder Land sehen, sind wir hauptsächlich erleichtert. Die Einfahrt in den Fluss lässt nochmal den Adrenalinpegel steigen, wir müssen zum erstmals auf unserer Reise unseren Weg zwischen Korallenriffen finden. Das Ganze stellt sich allerdings als relativ einfach heraus, der Pass ist eine Meile breit, gut markiert und sowohl Wellen als auch Strömung moderat. Wir motoren noch 10 Meilen den Rio Paraiba hinauf und machen schließlich am Empfangssteg der Yacht Village Marina in Jacare fest. Geschafft! Wir sind auf unserem dritten Kontinent!
Unser erster Eindruck von Jacare und Brasilien im Allgemeinen ist überaus positiv: Die französischen Marinabetreiber Nicolas und Francis sind sehr entspannt, hilfsbereit und wirklich nett. Auch die anderen Leute, die wir bisher treffen, sind unglaublich freundlich und relaxt, und überhaupt scheinen die Uhren hier noch einen Deut langsamer zu ticken als auf den Kap Verden. Wir reaktivieren unsere Klappräder und radeln in den nächsten Ort, wo wir seit langem mal wieder frisches Obst kaufen und uns mit Mangos, Orangen und Wassermelonen vollstopfen und dazu erstmals Kokoswasser direkt aus einer grünen Trinknuss trinken. Jacare ist der ideale Ort, um uns ein bisschen zu erholen, gemütlich die Gegend zu erkunden und einfach nur faul herumzuliegen. Uns gefällt es hier jedenfalls!
Auf der Überfahrt haben wir ganz deutlich gemerkt, dass der Reiz des Langfahrtsegelns für uns nicht unbedingt in den langen Ozeanpassagen liegt. Das Schönste an größeren Teilstrecken ist für uns immer das Ankommen und das Erkunden neuer Städte und Länder. Besonders diesmal, aber auch bei unseren anderen Passagen haben wir nach der Ankunft allerdings trotzdem immer das Gefühl, ganz persönlich etwas Außergewöhnliches geleistet zu haben, und wir sind mächtig stolz auf unser Boot und uns. Es gibt aber auch Segler, die wirklich des Segelns Willen auf Blauwasserfahrt gehen, teilweise nonstop um die Welt. Dazu gehören wir ganz klar nicht, und was wir so mitbekommen haben, auch die Crews der drei anderen Boote nicht unbedingt. Die Bedingungen waren wirklich ausgezeichnet, die SAILOR MOON hat diesmal überhaupt keine Probleme gemacht, nichts ist kaputtgegangen. Ohne Jaquelines Seekrankheit wäre uns schlimmstenfalls langweilig gewesen und wir hätten wohl tagelang Serien geschaut oder gelesen oder geredet. So allerdings hatten wir teilweise doch ein bisschen zu kämpfen.
Natürlich gab es auch schöne Momente: Zum Beispiel als wir an Jaquelines “bestem” Tag stundenlang im Cockpit sitzen, am Ipod Musik hören und mitsingen. Oder unsere missglückten Angelversuche (eine Atlantiküberquerung ohne einen einzigen gefangenen Fisch ist sicher irgendein Rekord!). Auch die tägliche Email- und Funkrunde mit den anderen Booten am Abend inklusive Einzeichnen der jeweiligen Positionen war immer ein Highlight jedes Tages. Trotzdem haben wir beide momentan nur wenig Lust auf eine weitere lange Segelstrecke…..aber vermutlich kommt das bald wieder, und wir freuen uns auf das nächste Teilstück.
Wir sind froh, dass Ihr gut angekommen seid!
lg Wo + Ma
Hi mischa!!
Ich lese immer wieder mal deine spannenden und eindrucksvollen Berichte. Hut ab!!! Ich bin wirklich ganz von den Socken!
Irre toll, was ihr da zusammen erlebt und meistert!
Schön zu hören, dass ihr gut über den großen See gesegelt seid. Die Kokosnüsse habt ihr euch redlich verdient!
Lasst euch die Sonne auf den Bauch scheinen. Ich freu mich auf die nächsten Einträge hier, die Lust auf große Abenteuer und Fernweh mit sich bringen!
Alles liebe, Lisa
Hey ihr 2,
toll wie Ihr die lange Strecke gemeistert habt (auch mit dem Kübel)! Freuen uns jedes mal auf einen neuen Bericht von Euch!
Lasst es Euch auf der anderen Halbkugel gut gehen und genießt die frischen Kokosnüsse 🙂
Liebe Grüße
Sabina & Max
Hi ihr beiden,
schaut mal zurück nach Nordosten, über 4000 Seemeilen Luftlinie. Schaut mal wann ihr angefangen habt, wann ihr los gesegelt seid, welche Widrigkeiten ihr gemeistert habt.
Und dann schaut mal wo eure SAILOR MOON jetzt liegt. Südamerika! Bäääms!!! 🙂
Das habt ihr gemacht und darauf könnt ihr stolz sein, aber sowas von!
Ich freu mich riesig für euch, verdrück sogar ne Freudenträne. Genießt die Zeit in Brasilien. 🙂
Viele Grüße, Nico
Hello, congratulations with the crossing! Great that you arrived in Brazil! Hope you are doing fine and that you enjoy life ashore. We are in Martinique and have to start planning our journey back to the Netehrlands.
Fair winds and following seas,
Stephan and Marjolein (and Sale die katze)